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Wetteraukreis. Gemischt war die Stimmung im Kreishaus in Friedberg am Abend der Bundestagswahl. Nachdenklichkeit überwog bei den meisten lokalen Akteuren.
Wahlprognosen beruhen auf Umfragen per Telefon, Internet sowie mathematischen Berechnungen. Was letztlich dabei außen vor bleibt, ist der menschliche Faktor. Daher bleibt es spannend bis zum Schluss. So war es auch gestern bei der Bundestagswahl.
Im Kreishaus in Friedberg war es am frühen Sonntagabend noch ruhig, nur wenige Akteure der lokalen Politik waren schon da. Sie ließen sich den Duft nach Eintopf um die Nase wehen und studierten die ersten Hochrechnungen. Sonja Rohde, Christdemokratin aus Bad Nauheim und ihr Partner etwa. Sie sei sehr gespannt gewesen, wie sie bekennt: »Ich würde mich sehr freuen, wenn CDU/CSU zusammen auf 32 Prozent kämen«, sagte sie. Wie sie glaube, könne sich Friedrich Merz »auf Augenhöhe mit wichtigen Politikern in unserem Weltgeschehen unterhalten und deutsche Interessen vertreten«.
Lukas Freiberger, Bundestagskandidat der Linken, zeigte sich zufrieden. »Zum einen freut es mich, dass wir in den Bundestag einziehen werden. Und mich freut auch, dass ich in meiner Heimatgemeinde Wölfersheim ein gutes Ergebnis geholt habe«, sagte er mit einem Strahlen.
Kreistagsvorsitzender Armin Häuser (CDU) war hin- und hergerissen. »Ich hatte gehofft, dass die Union, CDU/CSU zusammen, auf 33 Prozent kommt. Von daher ist es ein bisschen enttäuschend.« Er hoffe auf eine stabile Zweierkoalition, »natürlich nicht mit der AfD, das ist ganz klar«. Klar sei aber auch, dass die Menschen eine andere Migrationspolitik wollten. »Dem müssen sich auch die demokratischen Parteien links der Mitte stellen.« Für Dr. Thomas Pauls freue er sich. Pauls habe einen engagierten Wahlkampf gemacht und sei ein sehr gut ausgebildeter junger Mann. Um 20 Uhr verfolgt FDP-Bundestagskandidat Peter Heidt noch gespannt die Nachrichten. »Laut Hochrechnungen des ZDF sind wir drin«, hofft er zu diesem Zeitpunkt. »Eine liberale Partei ist für Deutschland von so großer Bedeutung. Wir würden in vielerlei Hinsicht den Unterschied machen. Denn einen richtigen Politikwechsel kann die CDU nicht alleine machen.« Für ihn persönlich sei die Reise zu Ende: »Es war mir eine Ehre, den Wetteraukreis sechs Jahre im Bundestag zu vertreten.«
Kreisausschussmitglied Brigitta Nell-Düvel (Grüne) erlebt das Ergebnis »wie ich es erwartet habe. Natürlich habe ich mir mehr gewünscht.« Es seien drei schwierige »Ampel«-Jahre mit weltweiten Krisen gewesen. »Deshalb bin ich sehr dankbar, dass es doch so viele Menschen gibt, die unsere Werte teilen.« Ihre Partei erlebe eine ungeheure Welle von Beitritten neuer Mitglieder, sei es auf kommunaler, auf der Landes- oder auch auf der Bundesebene.
Lisa Gnadl, Vorsitzende der SPD Wetterau, unterstrich: »Für die SPD ist es ein ganz bitteres und enttäuschendes Ergebnis, auch wenn es nicht ganz überraschend kommt.« Erfreulich sei allerdings, dass Natalie Pawlik eine starke Bundestagsabgeordnete sei, die sich mit dem Erst- deutlich vom Zweitstimmenergebnis habe absetzen können.
Nicht im Kreishaus war Cenk Gönül, Bundestagsabgeordneter für die Freien Wähler. Er war auf einer Wahlveranstaltung in Berlin. »Wir haben nicht das Wunschergebnis, das wir gerne gehabt hätten, aber trotzdem haben wir uns sichtbarer gemacht und festgestellt, dass wir Resonanz hatten.«, sagte er telefonisch. Menschen am Wahlkampfstand hätten gesagt: »Wir würden euch ja wählen, aber ihr schafft es nicht über die Fünf-Prozent-Hürde, und dann ist meine Stimme verloren.« Gönül ist trotzdem zufrieden, Aufbauarbeit für die Zukunft geleistet zu haben. So ging ein aufregender und denkwürdiger Abend zu Ende.
Von Petra Ihm-Fahle